Karl-Heinz Söhler

Wunderschöne Gedichte über Menschen und ihren Eigenarten. Karl-Heinz Söhler wurde 1923 in Hamburg geboren und war hauptberuflich Versicherungsmakler. Seine Gedichte sind ebenso heiter und vergnüglich, wie sinnreich und tiefgründig.

Ein jeder hat, so hört man sagen,
im Leben seine Last zu tragen.
Dagegen ist nichts einzuwenden:
Der eine trägt sie in den Händen.
Der andere – über plattem Schopf -,
der balanciert sie auf dem Kopf.
Der dritte mit gebeugtem Rücken
lässt sich von ihr zu Boden drücken.
Wo man sich müht, ist unerheblich,
denn keine Mühe ist vergeblich.
Entscheidend ist nicht, was man trägt,
nur wie man sich damit bewegt.

Der fortschrittliche Mensch hat es entdeckt:
Er möchte alles sein — nur nicht perfekt.
Die Perfektion erwarten umgekehrt
wir von anderen, und zwar gediegen,
vom Taxifahrer, der uns grade fährt,
und vom Piloten, mit dem wir fliegen.

Der Mensch ist in der Gegenwart
in Technik manchmal so vernarrt,
dass ihn kaum der Verdacht befällt,
ob sie nicht ihn zum Narren hält.

So mancher redet wild von Zwängen,
er möchte dauernd Fesseln sprengen
und unterscheidet blind im Drang
nur nicht Erfordernis und Zwang.

Es kann doch manches Mal erbosen,
wie Menschen sich die Nase stoßen,
nur weil sie sich nicht darum scherten,
die Schrammen andrer zu verwerten!

Es ist ein uralter Zopf,
und doch bringt er uns täglich neu zum Stutzen:
Wie wenig Menschen ihren Kopf
zu seinem eigentlichen Zweck benutzen.

Was bliebe reizvoll noch an userm Leben,
würde Erfahrung uns — vorweggegeben?

Es grämte sich ein Mensch zur Qual:
Er sah die Welt als Jammertal,
bis er erstaunt den Fehler fand:
Es war der Punkt, auf dem er stand.
Er ging nur ein paar Schritte weiter —
und plötzlich schien sie ihm ganz heiter.

Warum ich nicht dagegen boxe,
wenn jemand sagt, ich sei ein Ochse?
Mich zu verteidigen wär’ schlecht:
Nach seiner Meinung — hat er recht.

Wenn’s alte Jahr erfolgreich war,
Mensch freue dich auf’s neue,
und war es schlecht,
ja, dann erst recht.

Aus Sparsamkeit bin ich dagegen,
mich über andere aufzuregen,
und suche es mir einzuschärfen:
Das kostet schließlich meine Nerven

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Enno Wulff